Pressemitteilung: Henrike Hahn MdEP (Die Grünen/EFA) zur heutigen Rede zur Lage der Europäischen Union von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

Henrike Hahn, Mitglied des Europäischen Parlaments (Die Grünen/EFA), industriepolitische Sprecherin und stellvertretende Sprecherin der deutschen Grünen im Europäischen Parlament, äußert sich zur heutigen Rede zur Lage der Europäischen Union von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen:

Grüne Industriepolitik, sektorale Dialoge, Rohstoff-Club

Grüne Industriepolitik war der Schwerpunkt von Ursula von der Leyens Rede, der sich mehr oder weniger durch zwei Drittel ihrer Ansprache zieht, einschließlich der Fragen zur Energiesicherheit und eines gerechten Übergangs. Sie skizzierte ein Maßnahmenpaket vom Netto-Null-Industrie-Gesetz bis hin zum Gesetz für kritische Rohstoffe. Der Souveränitätsfonds scheinbar vollständig aus der Diskussion immerhin wird STEP zumindest kurz erwähnt. Wir benötigen massive Investitionen in erneuerbare Energien und Batterien sowie eine starke Gegenfinanzierung durch STEP über neue Eigenmittel.

Ursula von der Leyens Ankündigung der Serie von Energiewende-Dialogen mit der Industrie und das anvisierte erste Treffen des Critical Raw Materials Club in diesem Jahr sind positive Schritte für eine wettbewerbsfähige europäische grüne Industriepolitik.

China

Ursula von der Leyen betrachtet China als einen starken, aber teilweise unfair agierenden Wettbewerber, insbesondere im Bereich grüner Technologien und der zugehörigen Rohstoffe. Die Ankündigung der Kommission, eine Subventions-Untersuchung zu Elektrofahrzeugen aus China einzuleiten, kommt nicht überraschend. Europäische Interessen müssen vor unlauteren Praktiken geschützt werden. Unsere europäische Herangehensweise will Risiken minimieren, statt Beziehungen vollständig abzubrechen, was ein Leitprinzip in den Gesprächen mit der chinesischen Führung während des bevorstehenden EU-China-Gipfels in diesem Jahr sein wird.

KMUs als Rückgrat der europäischen Wirtschaft, Ernennung eines KMU-Beauftragten

Kleine und mittlere Unternehmen sind das Rückgrat der europäischen Wirtschaft und ihres grünen Wandels. Daher begrüße ich außerordentlich die Aufmerksamkeit, die den KMUs in der Rede geschenkt wurde, insbesondere das Bekenntnis, bis Ende des Jahres endlich einen KMU-Beauftragten zu ernennen. Wir müssen die Bürokratie und die regulatorische Belastung für KMUs reduzieren, ohne dabei höchstmögliche ökologische und soziale Standards zu gefährden. Die Kommission muss jetzt so schnell wie möglich konkrete Vorschläge auf den Weg bringen, um die gestern veröffentlichten Vorschläge zum KMU-Entlastungspaket umzusetzen.

CCfDs als Schlüssel zur Dekarbonisierung unserer europäischen Industrien

Die Präsidentin der Kommission hatte Recht, auf die Erfolge beim Aufbau einer europäischen grünen Industrie hinzuweisen, wie die rasante Entwicklung und den Aufbau grüner Stahlwerke.

Das ist vor allem auf den Einsatz von Carbon Contracts for Difference (CCfDs) zurückzuführen - ein Instrument, das wir Grüne auch auf europäischer Ebene fordern. Dies zeigt deutlich, dass grüne Industriepolitik funktioniert. Wir sollten nicht den Schwarzmalereien über die Deindustrialisierung durch den Green Deal Glauben schenken, sondern ausdrücklich die Chancen des Übergangs nutzen.

Ein zukunftssicheres EU-Budget

Wir müssen die Investitionslücke bei der Bekämpfung des Klimawandels schließen, wichtige Investitionen in grüne Infrastruktur tätigen und eine wettbewerbsfähige grüne europäische Industrie sicherstellen. Für diese Herausforderungen benötigen wir einen größeren und zuverlässigeren EU-Haushalt, der durch neue EU-Eigenmittel finanziert wird.

Wirtschaftliche Governance und europäische Wettbewerbsfähigkeit

Ich begrüße die Ankündigung von von der Leyen, Mario Draghi mit der Erstellung eines Berichts über die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit zu beauftragen. Die Kommission kann einen wichtigen ersten Impuls zur Vollendung der Kapitalmarktunion, zur Schaffung einer Fiskalunion und zur Stärkung unseres Binnenmarktes geben. Eine tiefere europäische Integration ist entscheidend für die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit.

Wird Ursula von der Leyen sich erneut zur Wahl stellen?

Es ist äußerst überraschend, dass die Präsidentin der Kommission den Rechtsruck in der Europäischen Union - einschließlich der Drangsalierung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Polen und Ungarn - nicht umfassend und detailliert anspricht. Die Grundwerte der EU werden hier ernsthaft untergraben, und es ist inakzeptabel, dass eine Kommissionspräsidentin sich bei der Ansprache zur Lage der Union zu diesem Thema nicht klar positioniert.

Es bleibt abzuwarten, ob Manfred Weber beabsichtigt, die EVP angesichts der Europawahlen weiter nach rechts zu führen, während gleichzeitig seine eigene Partei CSU in Bayern derzeit von einem Antisemitismusskandal innerhalb der Bayerischen Staatsregierung erschüttert wird. Wenn Ursula von der Leyen sich zur Wiederwahl stellt, wird ihre Haltung zu rechtspopulistischen und extremistischen Ansichten zweifellos eine bedeutende Rolle spielen. Als Grüne erwarten wir von ihr, in ihrer Funktion als Präsidentin der Kommission zu diesem Thema eine klare und entschiedene Position einzunehmen."

 

Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung

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