Pressemitteilung: Henrike Hahn, MdEP (Die Grünen/EFA): Kommentar zum grünen EU Industrieplan

Bezüglich des von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyens vorgestellten “Green Deal Industrial Plan”, kommentiert Henrike Hahn, Mitglied des Europäischen Parlaments (Die Grünen/EFA), stellv. Leiterin und industriepolitische Sprecherin der Europagruppe:

„Der Green Deal Industrieplan ist vor allem eine Auflistung geringfügiger Verbesserungsmöglichkeiten bereits bestehender EU Instrumente.

Der EU Innovationsfond ist zum Beispiel ein wichtiger Baustein für die Wettbewerbsfähigkeit und Dekarbonisierung der energieintensiven EU-Industrie. Das Volumen des EU Innovationsfonds reicht aber immer noch nicht zur großflächigen Finanzierung von EU Klimaschutzverträgen (CCfDs - Carbon Contracts for Difference), die gerade angesichts des IRA europäische Unternehmen ordentlich unterstützen könnten.

Der Green Deal Industrieplan der Kommission verpasst es, die Forderung zu formulieren, bestehende Töpfe auf EU-Ebene zu vergrößern, um die grüne europäische Industrie engagiert zu unterstützen. Die Kommission hält sich hier vornehm zurück, statt eine klare Haltung zu formulieren, da schon diesen Sommer die Halbzeitprüfung des EU-Haushaltes ansteht, bei der solche Änderungen vorgenommen werden können.

Der grüne Industrieplan schlägt einen Europäischen Souveränitätsfonds vor, ohne jedoch Details zur Ausgestaltung und vor allem der Höhe und der Finanzierung anzugeben.

Ein EU-Solidaritätsfonds muss eine breite Finanzierung der industriellen, grünen Transformation ermöglichen und dabei auch europäische Produktionskapazitäten in grünen Schlüsselindustrien langfristig sicherstellen.

Die Kommission sieht vor, dass ein Großteil der notwendigen Finanzierung durch Mitgliedsstaaten übernommen werden soll. Das soll vor allem durch die Flexibilisierung der Beihilferegelung ermöglicht werden.

Die unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten zur Subventionierung von grünen Investments, etwa in Form von Steuererleichterungen der einzelnen Mitgliedstaaten, sind eine Herausforderung für die Integrität des EU-Binnenmarktes.

Im EU Chips Act, der gerade vom Industrieausschuss des Europäischen Parlamentes angenommen wurde, wird diese Herausforderung durch die Einführung des Beihilfekriteriums einer “neuartigen Anlage” gelöst. Dadurch soll sichergestellt werden, dass grüne Produkt- und Prozessinnovationen, die vorher noch nicht in Europa vorhanden waren, staatliche Unterstützung erhalten können. So werden Wettbewerbsfähigkeit, die Integrität des Binnenmarktes und Klimaschutz klug zusammengedacht.

Auch die anstehende Überarbeitung der EU-Schuldenregeln wird angesichts der im Industrieplan vorgeschlagenen Flexibilisierung der Beihilferegeln besonders relevant, denn allen Mitgliedsstaaten fehlt beim gegenwärtigen Regelwerk der finanzielle Spielraum für die notwendigen Investitionen und Steuererleichterungen. Eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts muss daher den Bedarf an grünen, öffentlichen Ausgaben dringend vor dem Hintergrund einer klaren Notwendigkeit einer Gegenfinanzierung mitdenken.

Eine der wenigen neu angedachten Initiativen ist der sogenannte “Critical Raw Materials Club”. Verstärkte internationale Kooperation mit Partnerländern zur Sicherstellung von kritischen und nachhaltig geförderten Rohstoffen wird für Europa für das Gelingen der Transformation und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie ganz zentral wichtig werden. Wir brauchen aktive Rohstoffpartnerschaften auf europäischer Ebene, damit wir zuverlässige und starke Lieferketten unter gleichgesinnten Partner*innen haben - von den Vereinigten Staaten bis hin zur Ukraine.

Die europäische Industrie steht angesichts des Krieges in Europa, der Energiekrise und Lieferkettenproblemen vor gewaltigen Herausforderungen.

Der Inflation Reduction Act (IRA) der USA fördert mit starken protektionistischen Elementen eine Abwanderung von strategisch wichtigen, für die Transformation der europäischen Wirtschaft entscheidenden Industrien. Die Europäische Kommission muss starke Antworten mit innovativen, klugen politischen Instrumenten zur Stärkung einer europäischen grünen Industrie finden, die über Subventionen hinausgehen und einen Handelskrieg verhindern. Hier muss noch viel mehr passieren - mit Vorschlägen zu konkreten Projekten, wie etwa den EU-Klimaschutzverträgen.“

Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

 

 

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