Pressemitteilung: Henrike Hahn, MdEP (Die Grünen/EFA): Europäische Halbleiteroffensive - EU Chips Act

Anlässlich der heutigen Annahme des EU Chips Act im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) mit 67 Stimmen, einer Gegenstimme und 4 Enthaltungen, am 24.01.2023, kommentiert Henrike Hahn, Mitglied des Europäischen Parlaments (Die Grünen/EFA), stellv. Leiterin und industriepolitische Sprecherin der Europagruppe, Schattenberichterstatterin für den EU Chips Act:

„Der Chips Act als europäische Halbleiteroffensive ist ein wichtiger europäischer Baustein zur Unterstützung einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Industrie. Wir brauchen Halbleiter für die grüne Transformation. Wir können in Europa nicht dieselben Investitionssummen aufbieten wie der Inflation Reduction Act in den USA - intelligente Förderung an den richtigen Stellen kann europäische grüne Industriepolitik aber gezielt unterstützen.

Das ist ein guter Tag für die europäische Industriepolitik, denn vom Chips Act in Europa werden viele profitieren: Potenziell alle innovativen Betriebe - groß und klein - der EU Halbleiterwertschöpfungskette und auch die bereits geplanten Großprojekte in einigen Mitgliedstaaten. Eine Steigerung der Halbleiterproduktion wird die Versorgungssicherheit aller Industrien mit Halbleitern in Europa erhöhen und den Wirtschaftsstandort Europa stärken.

Es ist ein klarer grüner Verhandlungserfolg, dass im Chips Act keine neuen Ausnahmeregelungen für die bestehende Umweltgesetzgebung geschaffen wird. Ob bestehende Ausnahmeregelungen angewendet werden, bleibt weiterhin eine freie Entscheidung der Mitgliedsstaaten.

Administrative Hürden innerhalb der Genehmigungsverfahren müssen abgebaut werden. Wir wollen mit dem Ausbau der Kapazitäten in der Halbleiterproduktion so schnell wie möglich beginnen. Da waren wir uns bei den Verhandlungen fraktionsübergreifend einig.

Ein weiterer starker grüner Verhandlungserfolg, der mir persönlich sehr wichtig ist, ist die Erweiterung des Anwendungsbereiches des Chips Act auf alle sogenannten "neuartige Anlagen". Von der Kommission war vorgesehen, dass nur Großprojekte, wie z.B. Intel in Magdeburg, staatliche Unterstützung erhalten sollen.

Die Position des ITRE-Ausschusses ist jetzt, dass der Anwendungsbereich des Chips Acts für alle Unternehmen entlang der EU-Halbleiterwertschöpfungskette gelten soll.

Hochspezialisierte kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) können jetzt staatliche Unterstützung erhalten, wenn dabei in Produkt- oder Prozessinnovationen investiert wird, die in Europa vorher noch nicht vorhanden waren.

Aus grüner Perspektive war es mir auch besonders wichtig, Prozessinnovationen, z.B. in Form von stark reduziertem Wasserverbrauch der Halbleiterproduktion, in der Definition einer "neuartigen Anlage" zu verankern und dadurch förderbar zu machen. Prozessinnovationen, die Halbleiterproduktion nachhaltiger machen, sind klar förderungswürdig in Europa.

Mit dem Chips Acts wollen wir die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie stärken ohne gleichzeitig größere Verzerrungen im Binnenmarkt zu erzeugen.

Wegen der beschränkten finanziellen Mittel müssen wir vor allem auf den Ausbau bestehender Stärken innerhalb der EU-Halbleiterwertschöpfungskette setzen.

Dies wird jetzt ebenfalls durch den erweiterten Anwendungsbereich des Chips Acts ermöglicht.

Die vorgeschlagenen Notfallkompetenzen für die Europäische Kommission im Falle einer zukünftigen Halbleiterkrise, wie zB. die Einholung von sensiblen Unternehmensdaten oder die Möglichkeit vorrangige Aufträge an die Industrie erteilen zu können, konnten wir jetzt auf ein solides Fundament stellen, z.B. durch die Ausformulierung was denn eigentlich eine Halbleiterkrise genau ist.

Wir wollen ein europäisches Halbleitergremium schaffen, das sich aus Vertreter*innen der Mitgliedsstaaten unter der Leitung der Kommission und der ständigen Aufsicht des Europäischen Parlamentes zusammensetzt. Die von mir geforderte Einbindung des Europäischen Parlamentes in das Halbleitergremium war erfolgreich. Das Halbleitergremium muss jetzt einer Methodik zustimmen, mit der die Kommission Frühwarnindikatoren und eine Analyse der vorgeschlagenen Notfallinstrumente entwerfen oder durchführen kann.

Der Industrieausschuss verlangt jetzt eine zusätzliche Zustimmung des Halbleitergremiums zur Ausrufung einer Halbleiterkrise. Erst danach können die entsprechenden Notfallinstrumente angewandt werden. Dies ist aus demokratiepolitischer Perspektive wichtig, gerade aber auch ein klares Signal für potenzielle Investoren. Die Botschaft lautet hierbei, dass nur in Extremsituationen Notfallinstrumente zum Einsatz kommen können.

Der Kompromiss des ITRE Ausschusses bestätigt, das Prinzip "fresh money for fresh initiatives". Für meine Kolleg*Innen und mich im Industrieausschuss muss die neu vorgeschlagene Initiative Chips Act aus neuen Quellen finanziert werden. Die Kommission hat vorgeschlagen, bestehende Fonds, also Horizon und Digital Europa, für diese Initiative zu nutzen und dort die entsprechenden Mittel abzuzweigen. Ess ist für uns im Industrieausschuss nicht akzeptabel andere dringend benötigte Fonds für den Chips Act zu schröpfen. Wir brauchen eine klare Gegenfinanzierung des Chips Acts.“

 

Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

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