Angekündigte EZB Zinserhöhungen der falsche Impuls für eine grüne und sozial gerechte Transformation

Die heute angekündigte Leitzinserhöhung der EZB für den 1. Juli 2022 ist ein Schritt in die falsche Richtung. Energiepreise und mit ihnen Verbraucherpreise in allen Bereichen steigen momentan in Europa. Neben dem Krieg in Europa ist auch die Energie- und Klimapolitik der EU und ihrer Mitgliedsstaaten in den letzten Jahrzehnten dafür verantwortlich - mit dem Setzen auf fossile Energie. Die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl treibt mit dem Krieg in der Ukraine die Energiepreise in Europa nach oben. Die EZB beschreibt die aktuelle Situation selbst als eine „fossile Inflation“.

Eine Erhöhung der Leitzinsen wird ein Wirtschaftswachstum weiter drosseln und Arbeitslosigkeit fördern. Das ist eine besondere Herausforderung für Arbeitnehmerinnen, die unter einer abgeschwächten Kaufkraft leiden.

Die verfrühten Zinserhöhungen in Verbindung mit dem Ende der Anleihenkäufe wiederholen die gleichen Fehler, die die EZB 2008 und 2011 gemacht hat, und bergen die klare Gefahr für soziale Herausforderungen.

Die Zinserhöhungen sind in Zeiten angespannter Lieferketten und im Hinblick auf die Auswirkungen der Pandemie auf die europäische Wirtschaft der falsche Impuls. Statt einer restriktiveren Geldpolitik benötigen wir groß angelegte Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz, um uns von Russland und von fossilen Energien schnell und effizient unabhängig zu machen. Solche Investitionen werden nun durch erhöhte Finanzierungskosten von Regierungen und Unternehmen erschwert.

Die EZB muss in diesem Kontext auch ihre gezielten, langfristigen Refinanzierungsgeschäfte umweltfreundlicher gestalten und den Kauf von Vermögenswerten beenden, die zum Klimawandel und zur Umweltzerstörung beitragen. Denn erneuerbare Energien sind schon heute günstiger als Energien, die aus fossilen Brennstoffen oder der Atomkraft gewonnen werden und sie garantieren langfristig eine größere Preisstabilität.

Die wirksamsten Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung liegen derzeit vor allem in den Händen der Regierungen. Wir müssen die Wettbewerbspolitik stärken, um Preisabsprachen und Preisspiralen zu bekämpfen, an denen Unternehmen mit großer Marktmacht beteiligt sind. Hier muss sich auch die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager engagieren.

Hintergrund:

Der Rat der EZB hat heute bei einem Treffen im Amsterdam entschieden zum ersten Mal seit elf Jahren die Leitzinsen für den Euroraum zu erhöhen. Ab dem 1. Juli 2022 werden die Leitzinsen jeweils um 25 Basispunkte angehoben.

Der Rat erwartet außerdem, dass die Leitzinsen im September erneut angehoben werden. Bleiben die mittelfristigen Inflationsaussichten bestehen oder verschlechtern sie sich, wird auf der September Sitzung des Rates eine stärkere Anhebung beschlossen. Weitere Anhebungen nach September sind zu erwarten.

Des Weiteren beschloss der EZB Rat die milliardenschweren Netto-Anleihenkäufe ab dem 1. Juli einzustellen.

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